Erlebnisbericht eines Traumurlaubs

"Erholung in Paradies: Ferien in den Alpen für Diabetiker und deren Partner"

Es war unser Traumurlaub am Fuße der deutschen und österreichischen Alpen: Acht Tage voller Entspannung in einem Kur- und Wellness-Hotel in Füssen mit Blick über den Hopfensee. Die Fahrt von München nach Füssen (ca. 100 km) war ein Erlebnis der besonderen Art: wir konnten uns an der atemberaubend schönen Voralpenlandschaft erfreuen. Beeindruckend waren die von König Ludwig II von Bayern erbauten weltberühmten Schlösser Neuschwanstein und Hohenschwangau.
Wir hatten uns auf Schnee gefreut und wurden nicht enttäuscht. Nach der Fahrt genossen wir die Ruhe, die diesen Ort umgibt - wir konnten tief und lange schlafen.
Der Freitag begann mit einem großen Frühstücksbuffet im Hotelrestaurant. Bei dieser Gelegenheit lernten wir zwei andere Familien kennen, die ebenfalls an der ”Erholung im Paradies” teilnahmen. Wir erkundeten gemeinsam in Verbindung mit einem kleinen Einkaufsbummel den Ferienort. Danach spazierten wir am Lechufer entlang und ließen uns anschließend warmen Apfelstrudel mit heißem Kaffee schmecken.

Im hoteleigenen Schwimmbad mit Sauna konnten wir uns entspannen und die Zeit für eine kosmetische Behandlung plus Massage nutzen. Ferien pur!

Die vier Stunden Familienberatungsgespräche haben wir über die Woche verteilt, so, wie Dr. Schevitz uns erzählte, wir über jede Beratungsstunde nachdenken konnten , was wir an unserem gemeinsamen Leben ändern wollen und was nicht. Mit Dr. Schevitz haben wir dann über die möglichen positiven und negativen Auswirkungen dieser Wünsche diskutiert, Auswirkungen auf uns als Paar, unseren Kindern und sogar auf unserem Arbeitsleben. Schließlich haben wir die alternativen Wege zu unseren gesteckten Zielen erörtert.

Es war so leicht „Familienprobleme“ mit dem Diabetes mit Dr. Schevitz zu besprechen, weil er selbst seit vielen Jahren Typ 1 Diabetes hat. Endlich hatte ich die Gelegenheit, das Leben mit Diabetes aus meiner Sicht, die der Partnerin eines Diabetikers, zu diskutieren. Zum Beispiel, mein Mann konnte es nicht erwarten, all die bayerischen ”Schmankerl” und einen Krug Bier zu genießen. Ich wusste aus meiner Erfahrung mit ihm, dass er mich in der Nacht aufgrund seines hohen Blutzuckerspiegels und des damit verbundenen Unwohlseins wecken würde. Ich bin dann sauer am nächsten Tag, dass ich müde bin, weil er seine Gelüste beim Abendbrot nicht zügeln konnte. Ein anderes Problem, dass wir mit Dr. Schevitz besprochen haben, war wie sehr das Auf und Ab des Blutzuckerspiegels meines Mannes seine Stimmungen beeinflusse und damit auch mein Gemüt belaste, und das auch während gemeinsamer Urlaube. Dr. Schevitz zeigte uns aufgrund seines wissenschaftlich fundierten Erfahrungsschatzes, Möglichkeiten auf, wie wir lernen können, in Zukunft besser mit unseren medizinischen und emotionalen Auf und Ab’s umzugehen.

Obwohl die Woche als Urlaub geplant war, waren wir glücklich, dass wir den Diabetes auch etwas Aufmerksamkeit geschenkt haben. Die Beratungsgespräche haben einiges zwischen uns geklärt und dadurch uns näher gebracht. Das Ergebnis war, dass wir mehr als sonst unseren Urlaub genießen konnten.

Eine Tischnachbarin, Mutter eines 8-jährigen Jungen mit Diabetes, schilderte wie sie durch die Gespräche mit Dr. Schevitz meinte, sie besser mit ihrer Angst vor plötzlich auftretenden Hypos während sportlicher Aktivitäten in der Schule und im Urlaub umzugehen hoffte. Eine Aufstellung (mit Holzfiguren) aller Personen innerhalb und außerhalb der Familie, die Unterstützung bieten, hat ihr verdeutlicht, dass sie nicht allein mit den Problemen ihres Sohnes dasteht.

Im Wintergarten, eine gemütliche Lounge mit herrlichem Berg-Panoramablick., kamen wir ins Gespräch mit einem jung verheirateten Paar. Bei einem Glas Kräutertee sprach es von seinem Kinderwunsch. Beide befürchteten für ihre Beziehung die doppelte Belastung durch Diabetes und die heranwachsende Familie. Das Paar war sehr beruhigt durch die persönlichen Erfahrungen von Dr. Schevitz, der drei Kindern mit seiner Frau erzogen hat.

Nachmittags unternahmen wir Spaziergänge. Bei sonnigem Wetter wie auch bei bedecktem Himmel konnten wir in der klaren voralpinen Luft gut durchatmen. Die Spaziergänge auf präparierten Wegen rund um den Hopfensee und in den Bergen wirkten auf uns inspirierend und stimmten uns positiv.
Unsere übliche Zeit nutzten wir für Besichtigungen, zum Wandern und Bummeln sowie für die Sportmöglichkeiten wie z.B. Eislaufen, Eisstockschießen, Schlitten- bzw. Skifahren.

Als die nicht mit Diabetes konfrontierten Partnerin konnte ich beruhigt werden, weil ich informiert wurde, dass alle notwendigen Hilfsmittel - auch für Pumpenträger - zur Verfügung stehen, und der Diabetologe sowie Dr. Schevitz jederzeit über Handies erreichbar sind. Am Montag, wurde eine computergestützte Fußdruckmessung in den Schuhen meines Mannes vorgenommen. Professionelle Unterstützung gab es vom Physiotherapeuten, der Ratschläge zur Stärkung von Gelenken und Füßen gab. Am Mittwoch, hat Frau Kaiser, die Diätassistentin, zum Frühstück Polenta mit Apfelkompott vorbereitet und uns informiert wie viel Kohlenhydrate darin enthalten war. Am Mittwochnachmittag haben wir mit großem Interesse ihren Vortrag über„Heißhunger“ angehört.

Am Freitagabend gab es ein wunderbares Buffet. Wie an jedem Tag war das Essen gut und bekömmlich; es kam aus einer Küche, die sich auf die Bedürfnisse von Diabetikern verstand.

Unser schönstes Erlebnis war jedoch, dass wir in entspannter Atmosphäre erfahren haben, Diabetes aus mehreren Blickwinkel zu betrachten. Unsere Familie hatte während der Woche ein “Rundum-Wohlgefühl” mit interessanten Informationen und dem Wissen, dass wir lernen können, konstruktiv mit unseren Gefühlen über das Leben mit Diabetes umgehen zu können.


Sommerurlaub am Fuße der deutschen und österreichen Alpen
Die Felder bildeten ein Meer von Blumen und grünem Gras, als wir auf der alten Römerstrasse “Via Claudia Augusta” - mit Blick auf den Königsschlösser Neuschwanstein und Hohenschwangau und den Forggensee - Füssen näherten. Über die Voralpenlandschaft war die Luft warm.
Bei unserer Ankunft in Füssen schauten wir auf das Stadtschloss aus dem 12. Jahrhundert und bekamen das Gefühl, dass Ritter und Hofdamen uns in den Urlaub begleiten. In unserem modernen Hotel hatten wir unser Zimmer mit Balkon am Südhang über dem Hopfensee. Vom Balkon aus konnten wir am ersten Abend den Sonnenuntergang über den Alpen betrachten. Ich spürte wie ich mich zu entspannen anfing, als die Farbtöne Rose und Lila den Himmel färbten.

Wir wollten Ferien in Hopfen am See machen, aber wir kamen auch zur Stärkung unserer Familie. Der Familienalltag zu Hause mit Kindern, Berufstätigkeit und Verpflichtungen lässt uns wenig Zeit, um zusammen über unser gemeinsames Leben mit Diabetes nachzudenken. Das Programm “ Erholung im Paradies” bot uns die Gelegenheit, darüber zu reflektieren wie Diabetes unseren Umgang miteinander in der Familie beeinflusst, in wieweit wir damit zufrieden sind und zu überlegen was und wie wir etwas ändern wollen. Natürlich gibt es Themen, die mich stören, aber ich hatte immer Angst sie anzusprechen. Mit welchem Thema sollte ich anfangen? Sollte ich mit den Auswirkungen der schwankenden Blutzuckerwerte meines Mannes und den damit verbundenen Stimmungsschwankungen auf mein Gemüt anfangen? Ich habe die Reaktionen meines Mannes irgendwie gefürchtet und wusste nicht wohin die Diskussion führen würde. In der sicheren Umgebung der Beratungsgespräche mit dem Familientherapeut Dr. Jeff Schevitz und seiner Frau Beatrice wurde es jedoch möglich, dieses und andere Themen anzusprechen mit dem Ziel, einen alternativen Umgang mit Diabetes zu testen.

Ich war froh, dass wir Gelegenheit wahrgenommen haben, durch Einzel- und Paarberatung während der ganzen Woche auf unsere persönliche Bedürfnisse eingehen zu können. Im Verlauf eines Einzelgesprächs mit Bea Schevitz, sie ist Sozialpädagogin, konnte ich meine Gefühle und Ängste als Frau, meine Enttäuschung und Schuldgefühle bezüglich der zeitweise auftretenden Erektionsprobleme meines Mannes ausdrücken. Widerstrebend sprach auch mein Mann schließlich mit Dr. Schevitz, der selbst Diabetiker ist, über die Auswirkung dieser Störung auf sein Selbstbewusstsein als ein “richtiger” Mann und auf sein und mein Seelenleben. Die Erektionsstörung hat unsere Partnerschaft belastet und unsere Lebensqualität beeinträchtigt. Mein Mann sprach über seinen Ärger, dass ihm dies trotz seiner während der letzten Jahre exzellenten HbA1c-Werte passiert ist. Warum konnte er nicht die Früchte seiner disziplinierten Selbstkontrolle ernten? Was wäre, wenn er nicht zu den 50% der Männer gehörte, denen Viagra helfen kann? Der Gedanke an eine Vakuumpumpe als Erektionshilfe war für ihn abstoßend. Auch hat er Angst, ein Medikament in seinen Penis zu spritzen, um zu einer Erektion zu gelangen. Dann, in einer zweiten, gemeinsamen Sitzung konnten wir dank Bea und Jeff offen miteinander über dieses Thema sprechen. Das hatten wir vorher noch nie getan. Würden die Schuldgefühle und die Enttäuschungen uns dazu verleiten, nach etwas anderem außerhalb unserer Beziehung zu suchen? Während des Gesprächs erkannte ich, dass jedes Mitglied einer Familie mit Diabetes Verantwortung trägt. Das Leben mit einer chronischen Krankheit verlangt, dass wir als Paar klären wie viel und welche Verantwortung wir von einander erwarten. Diese chronische Krankheit begleitet uns beide Tag und Nacht. Mit neuer Offenheit konnten wir erkennen, was langfristig zu tun ist und sind jetzt zuversichtlich, dass wir gemeinsam unsere Probleme anpacken und lösen können.

Wir hatten das Glück, dass mehrere Familien in dieser Woche das „Erholung im Paradies“ Programm gebucht hatten. Dr. Schevitz hat uns lockere Gruppendiskussionen angeboten. An einem Abend, während der Gruppendiskussion in der Lounge mit stimmungsvollem Panoramablick auf die Tiroler und Allgäuer Alpen ging es um das Problem männlicher und weiblicher sexueller Funktionsstörungen aufgrund von Diabetes und die negativen Auswirkungen auf bereits bestehende Partnerschaftsproblemen. Mein Mann und ich führten die immer offener werdende Diskussion mit den anderen Teilnehmern fast bis Mitternacht. Die gegenseitige Unterstützung war wundervoll, vielleicht sogar noch wunderbarer, weil niemand ein so offenes Gespräch erwartet hatte.

Die Singles in der Gruppe diskutierten über die Schwierigkeit einen Partner zu finden, der oder die bereit wäre, langfristig mit dieser chronischen Krankheit zu leben: Ein junger Mann erzählte, wie er eine Reihe von Freundinnen in den letzten Jahren hatte und wie sehr er sich eine feste Beziehung und langfristig eigene Kinder wünscht. Einige Frauen schilderten, wie sie ihre Schwangerschaften geplant hatten und wie schwierig es war, den richtigen Zeitpunkt zu finden, um Kinder und Karriere unter einem Hut zu bringen.

Die Diabetiker sprachen über verschiedene Themen und wollten darüber diskutieren. Einige arbeiten täglich 12 bis 14 Stunden - und der Arbeitsplatz verlangt ihre ganze Kraft. Sogar beim Anwenden von Insulinpumpe oder Pen und den leicht zu bedienenden Blutzuckermessgeräten kam Kritik aus den Reihen der Kollegen, dass sie nicht genügend leisten oder zuviel Zeit dafür verwenden würden, ihren Blutzucker zu bestimmen und zu protokollieren. Wie kann man sich motivieren, den Kollegen und Kolleginnen kurz und knapp klar zu machen, dass Blutzuckerkontrollen die Voraussetzungen für gute Leistungen am Arbeitsplatz sind? Der Druck am Arbeitsplatz war auch ein Thema in einer Kleingruppe, die wir selbst gebildet haben: Spontaneität, das Leben genießen und trotzdem normnahe Blutzuckerwerte zu erreichen, waren in dieser das Hauptthema vieler Gespräche. In diesem Zusammenhang haben mehrere Teilnehmer und Teilnehmerinnen ihre Vorschläge untereinander ausgetauscht Zum Beispiel, wie sie mit dem Ärger fertig werden, wenn sie unerwartet hohe oder niedrige Blutzuckerwerte bekommen trotz sorgfältiger Kalkulation der Kohlenhydratmengen und Berücksichtigung ihrer sportlichen Aktivitäten. Dr. Schevitz hat sogar ein Dartspiel veranstaltet, um uns vorzuführen, wie schwierig es ist, immer ins Schwarze zu treffen. Während der Urlaubswoche stellte ich fest, dass ich nach solch offenen Gesprächen, Zeit zum Nachdenken brauchte.

Wir hatten als Paar Zeit, unsere Gefühle gegenseitig auszutauschen, unsere Lieblingssportarten zu betreiben und wir konnten mit Müsse in der atemraubeenden Voralpenlandschaft romantisch sein. Einige, die wir kennen gelernt haben, organisierten einen Ausritt mit dem Pferd, andere Familien waren mit Fahrrädern unterwegs. Ich bin mit meinen Inline-Skates vom Hopfensee bis Füssen gesprintet, habe dort ein Eis gegessen und bin danach am Forggensee entlang zurück nach Hopfen gelaufen. Mein Mann ging am Hopfensee angeln. Am nächsten Tag sind wir mit der Tegelbergbahn bis zum Gipfelrestaurant gefahren. Nach einem leckeren Kaiserschmarrn, haben wir die Absprünge der Drachen- und Gleitschirmflieger fasziniert beobachtet. Mein Mann wollte mit einem angebotenem Tandemflug ins Tal fliegen, aber ich bestand darauf, dass wir beide zu Fuß absteigen. Wir sind dann drei Stunden - an Schloss Neuschwanstein vorbei - zurückgewandert.

Die tief eingeatmete saubere voralpenländische Luft war erfrischend und das Bilderbuch-Panorama wird uns immer in besonders angenehmer Erinnerung bleiben. Im hoteleigenen Schwimmbad mit Sauna und Dampfbad konnten wir uns bis zum Abendessen ausruhen. Zeit für kosmetische Behandlung und Massage gab es auch. Jeder konnte sich nach Lust und Laune entspannen. Ich habe mich am vorletzten Tag mit einem “Sissi Bad” verwöhnen lassen. Ferien pur! Das Hotel bietet eine vorzügliche Küche mit Produkten aus eigenem Anbau. Die speziell geschulten Köche und Diatassistentin gaben uns Hilfestellung bei der Berechnung der Kohlenhydrate (BEs) anhand der appetitlich vorbereiteten Feinschmeckergerichte. Am Samstag fuhren wir nach Hause zurück, doch die erlebte Zeit in Hopfen klingt noch heute in uns nach.

Das Zusammenspiel von Erholung und Familienberatung ließ uns erkennen, was wir langfristig tun können und welche ersten Schritte von uns auf dem Weg dorthin unternommen werden müssen.